Die Welt der Grindwale in der Straße von Gibraltar
Die Meerenge, die Europa von Afrika trennt, ist nicht nur bekannt für ihre geografische Lage, sondern auch für ihre marine Artenvielfalt Und dies, obwohl es sich um eine der meistbefahrenen Schifffahrtsrouten der Welt handelt. Unter anderem lassen sich ganzjährig Grind- oder Pilotwale beobachten. Die Wassertiefe in der Straße von Gibraltar variiert sehr stark, reicht jedoch an einigen Stellen bis zu 900 Meter tief, optimale Voraussetzungen sowohl als Jagdrevier als auch für die Aufzucht von Jungtieren.
Ungewöhnliches Verhalten
Grindwale sind Delfine
Genau genommen zählen Grindwale, so wie die noch viel größeren Schwertwale (Orcas) zur Familie der Delfine. Die Gattung lässt sich in zwei Unterarten, den Kurz- und den Langflossen Grindwalen, einteilen. In den Gewässern vor Gibraltar ist die am häufigsten vorkommende Art, die der Langflossen-Grindwal (Globicephala melas). Der aktuelle Bestand der Art im nördlichen Atlantik wird auf über 100.000, weltweit wird die Gesamtpopulation beider Unterarten auf bis zu 900.000 Tiere geschätzt. Somit gilt die Gattung laut IUCN als gesichert.
Grindwale gehören zu den größeren Zahnwalen (sie besitzen 7-9 [9-12] Paare von kurzen, scharf zugespitzten Zähnen in jedem Kiefer). Männliche Tiere erreichen eine durchschnittliche Länge von etwa 6 Meter bei einem Gewicht von 3 Tonnen. Aufgrund der vielen Revierkämpfe liegt die Lebenserwartung männlicher Grindwale in etwa bei 45 Jahren. Weibchen sind mit einer Größe bis zu 5 Metern, einem Gewicht von 1,5 Tonnen deutlich kleiner und erreichen dagegen häufig ein Alter von bis zu 60 Jahren. Bei den Langflossen-Grindwalen beträgt die Länge der Flipper, die namensgebenden seitlichen Flossen, in etwa 1/4 der Körpergröße.
Mit ihrem kugelförmigen Kopf (Melone), ihrem schwarzen oder dunkelbraunen, sehr robusten Körper und ihrer niedrigen, stark gebogenen Rückenfinne sind Grindwale unschwer zu erkennen. Das charakteristische Merkmal der Rückenflosse ist ihre ungewöhnliche Position (vor der Mitte des Rückens angesetzt), die Basis ist breiter, länger und spitzt sich dann in einem flachen Winkel zu einer sichelförmigen Rückenflosse zu. Viele Tiere zeigen zudem eine weiße diagonale Linie hinter dem Kopf – die wie eine Verlängerung des Mundwinkels aussieht. Auffällig ist auch ein weißer Fleck am Hals, der sich zu einem Strich verengt und an der gesamten Unterseite fortzieht.
IIm Nordatlantik ernähren sich Grindwale hauptsächlich von Makrelen und Tintenfischen – die Tagesration beträgt in etwa 50 Kilogramm. Sie sind hervorragende Taucher, die auf Ihren ca. 10-minütigen Tauchgängen in Tiefen von bis zu 600 Meter jagen.
Sozial veranlagt
Gewöhnlich leben die sehr sozial veranlagten Tiere in Gruppen von etwa 20 Familienmitgliedern, die häufig von einem männlichen Leittier angeführt werden. Dieser Tatsache verdanken sie auch ihren englischen Namen „pilot whale“. Nicht ungewöhnlich ist, dass sich diese Pods oder Schulen genannten Verbände während der großen Wanderungen zeitweise auf Gruppen von bis zu 1.000 Individuen zusammenschließen.
Jagd auf den Grindwal
Noch immer wird den Grindwalen auf den Färöern (Färöer-Inseln) nachgestellt. Die traditionelle Form der Jagd wird Grindadráp genannt; sobald die Tiere in einen der Fjorde der Inselgruppe hineingeschwommen sind, wird ihnen der Rückweg abgeschnitten. Neben den Färöern fand der intensivste Grindwalfang bis Anfang der 1970er Jahre an den Küsten Neufundlands statt. Immer noch hochproblematisch ist, dass die Tiere nicht selten als Beifang, vor allem beim Schwertfisch- und Makrelenfang, verenden.
Und doch gefährdet!
Wie bei vielen anderen Walen stellt auch für den Bestand der Grindwale die Verschmutzung der Meere die Hauptgefährdung dar. Da sie an der Spitze der Nahrungskette stehen, reichern sich in der Muskulatur und den inneren Organen Schwermetalle und fettlösliche Umweltgifte an. Im November 2008 wurde berichtet, dass die Gesundheitsbehörde der Färöern dazu aufgerufen hat, ab sofort kein Fleisch von Grindwalen mehr zu verzehren, da es aufgrund der hohen Konzentration an Giftstoffen nicht für den menschlichen Verzehr geeignet ist.
Warum stranden Wale?
Es sind verstörende Nachrichten, wenn in den Medien von einer weiteren Massenstrandung von Walen berichtet wird. Bei den Grindwalen muss man unterscheiden zwischen naturgegebenem oder aufgrund von negativen Umweltbedingungen begründetem Verhalten.
Häufig wird das ausgeprägte Sozialverhalten den Grindwalen zum Nachteil: Wird eines der Tiere verwundet, schwimmt es in Panik davon. Die gesamte Familie folgt dem verletzten Tier, wobei sie dabei oft in flaches Wasser geraten. Einmal im seichten Wasser können sich die Grindwale nicht mehr orientieren und verenden meist nach nur wenigen Stunden. Weitere natürliche Ursachen für Massenstrandungen von Walen sind extreme Wetterbedingungen, Gezeitenwechsel, starke Strömungen oder geologische Aktivitäten wie Erdbeben, die das Navigationssystem der Wale so stark stören, dass sie die Orientierung verlieren.
Viel schlimmer sind die anthropogene, durch menschliches Verhalten verursachten Strandungen. Lärmverschmutzung, Schiffsverkehr, militärische Übungen, mit Sonar oder Zivilisationsmüll im Meer, führen direkt zur Desorientierung oder indirekt, wenn ein Tier verletzt wird, und dadurch die soziale Komponente angetriggert wird.
Freundlicher Begleiter: der große Tümmler
Der große Tümmler ist der bekannteste Vertreter unter den Delfinen, nicht zuletzt durch die Fernsehserie der 1970 „Flipper“. Es ist nicht ungewöhnlich, dass man Tümmler und Grindwale gemeinsam antrifft, da sie gerne in gemischten Gruppen leben. Grindwale und große Tümmler vor Gibralta Muttertier mit Kalb Grindwale und große Tümmler vor Gibralta – Große Tümmler (Tursiops truncatus) Selbst an der Fluke kann man erkennen, dass es sich um einen Tümmler handelt: Sie ist deutlich schlanker und filigraner als bei den Grindwalen.
Der Große Tümmler lässt sich leicht vom Grindwal unterscheiden, er ist grau gefärbt und hat einen helleren Bauch. Auch sind Tümmler deutlich kleiner. Sie erreichen eine Körperlänge zwischen 1,9 und 4 Meter. Ihr Gewicht liegt in der Regel zwischen 150 und 300 kg. Ein neugeborenes Kalb ist 65 bis 105 cm groß und 15 bis 30 kg schwer. Charakteristisch ist die kurze Schnauze, die den Tieren ihren englischen Namen Bottlenose Dolphin (Bottlenose = Flaschennase) einbrachte.