Seevogel des Jahres 2021 – die Weißwangengans
Mit der Weißwangen- oder Nonnengans (volkstümlich) hat der Verein Jordsand diesmal einen Jahresvogel gekürt, der nicht aufgrund seiner akuten Bestandsgefährdung in den Mittelpunkt des Interesses gerückt werden sollte. Im Gegenteil: Die Population der Weißwangengänse in Deutschland wächst seit Jahren stetig an. Von einem Tiefpunkt in den 1950er Jahren vollzog sich eine immense Zunahme. Gab es 1970 nur noch rund 50.000 Exemplare, wird der Gesamtbestand in Europa momentan auf ca. 440.000 Tiere geschätzt.
Veränderung: vom Wintergast zum Brutvogel
Brüteten die Tiere früher ausschließlich an der russischen Eismeerküste, besiedeln sie seit ca. 50 Jahren auch den Ostseeraum und zählen mittlerweile zu den weit verbreiteten Brutvögeln Mitteleuropas. Im Landesinneren sind sie nach wie vor überwiegend Wintergäste. Die meist als Einzelindividuen oder in kleinen Trupps in Gesellschaft von Saat- und Blässgänsen auf Wiesen und Grünflächen nahe eisfreien Gewässern beobachtet werden können.
Das große Sammeln
Beeindruckend ist das Sammeln der Tiere und der Zug in die Brutgebiete der Arktis. In der zweiten Maihälfte finden sich an manchen Stellen bis zu 50.000 Tieren zu einer schier endlosen Masse an Vögeln zusammen. Die größten Brutgebiete befinden sich an der Ostküste Grönlands, auf Spitzbergen und auf der Insel Nowaja Semlja in der russischen Barentssee.
Der Erfolg bereitet Probleme
An der deutschen Küste werden die Weißwangengänse allerdings nicht nur positiv gesehen. Die stark gewachsene Gesamtpopulation, ihre längere Verweildauer erzeugen einen zunehmenden Druck auf landwirtschaftliche Flächen. Die Tiere bleiben in Niedersachsen und Schleswig-Holstein teilweise bis weit in das Frühjahr hinein.
Da immer mehr klassisch beweidete und extensiv genutzte Wiesen in monotones Intensiv-Grünland oder Ackerland umgewandelt wurden, hat sich die Nahrungssituation der Tiere stark verbessert, so dss der Anstieg der Gesamtpopulation zwangsläufig und logisch ist. Insbesondere die Anbauflächen von energiereichem Raps und grünem Wintergetreide sind Anziehungspunkte für die Vögel im Winterhalbjahr. Ergebnis: Obwohl Weißwangengänse nicht regulär bejagt werden dürfen, werden in der EU jährlich bis zu 50.000 Vögel mit dem Ziel der Vertreibung größerer Ansammlungen auf landwirtschaftlichem Grund abgeschossen.
Beobachten und bestimmen
Die eindeutigen Identifikationsmerkmale der Tiere – weißer Kopf und schwarzer Hals – lassen sich schon von weitem erkennen. Der Rücken ist blaugrau mit schwarz weißen Streifen, die Unterseite ist weiß, die Flanken haben leicht gräuliche Streifen, die Flügel sind grau, der Bürzel ist weiß, die Schwanzfedern sind schwarz. Beine und Schwimmhäute sind dunkel gefärbt. Im Aussehen unterscheiden sich Männchen und Weibchen nicht. Der Unterschied liegt in der Größe und im Gewicht. Der Ganter ist mit ca. 2.2 kg Gewicht, 72 cm Körperlänge und einer Flügelspannweite von etwas mehr als 140 cm um ca. 25-30 % größer und schwerer als die weibliche Gans.