Seehunde und Kegelrobben

Die Jagd auf den Meeressäuger

Galt die vereinzelte Jagd auf Robben im Nord- und Ostseeraum bis ins frühe Mittelalter dem Nahrungserwerb und zur Fell- und Ölgewinnung, änderte sich dies im späten 19. Jahrhundert radikal. Der Beginn des industriellen Fischfangs verleitete Besserwisser zu der Überzeugung, dass der Seehund als Nahrungskonkurrent die Fischbestände plündere und die Tiere somit konsequent bejagt und ausgerottet werden müssen.

halbwüchsige Sehunde und Kegelrobben ruhen auf einer Sandbank
Sandbank-Kindergarten:
Im Vordergrund liegt eine halbwüchsige Kegelrobbe, alles andere sind junge Seehunde

Nach 1886 wurden innerhalb von nur 41 Jahren in der Ostsee mehr als 300.000 Robben getötet. Der Seehund, wie auch die Kegelrobbe, wurde an den Rand der vollständigen Ausrottung gebracht. Auch in der vielfach größeren Nordsee zeichnete sich ein deutlicher Bestandsrückgang ab. Noch in den 1960er Jahren konnte sich ein Jäger für etwa 250 Mark von einem Führer zu einem Seehund bringen lassen und diesen erlegen. Ergebnis: Die Population brach vollständig zusammen. Waidmannsheil!

Seehunde (Phoca vitulina) ruhen auf einer Sandbank
Seehunde (Phoca vitulina) auf der Sandbank

In Deutschland ist es verboten, Seehunde aus der Natur zu entnehmen

Seitdem die Meeressäuger durch den Europarat 1979 endgültig unter Schutz gestellt wurden, hat sich der Bestand der Robben wieder deutlich erhöht. Weitere wichtige Schritte waren die Gründung des Nationalparks Wattenmeer in Schleswig-Holstein. Das 1991 von Dänemark, Deutschland und den Niederlanden unterzeichnete Abkommen zum Erhalt der Seehunde, so wie die Erweiterung der Schutzzone durch die Gründung eines Nationalparks an der Nordseeküste Dänemarks im Jahre 2014.

Seehunde (Phoca vitulina) ruhen auf einer Sandbank
Neugierig bin ich ja schon:
Was macht der Kerl da auf der anderen Seite?

Genau so entscheidend war aber auch die Imagearbeit der Natur- und Tourismusverbände. Der Seehund mit seinen dunklen Knopfaugen wurde Sympathieträger und Botschafter des Wattenmeers.

Seehundebobachtungen

Heute lassen sich Seehunde und Kegelrobben wieder verhältnismäßig häufig beobachten. Eine besonders gut geeignete Stelle befindet sich am Riff Galgerevet mitten im Wattenmeer südlich der dänischen Insel Fanø.

Seehunde (Phoca vitulina) ruhen auf einer Sandbank
Seehundleben: Nach erfolgreicher Jagd in Sonne dösen und verdauen…

Vom Strand in der Nähe der kleinen Ortschaft Sønderho aus erreicht man bei Ebbe nach etwa 2 km eine höher gelegene Sandbank. Auch bei Wasserhochstand wird die Stelle nicht überflutet und somit dient sie den Tieren als Ruhepol nach der Jagd. Praktisch ist, dass sich unmittelbar vor der Sandbank eine natürliche Vertiefung – die heutige Fahrrinne zur Stadt Ribe verläuft. So bleibt zwischen Mensch und Tier ein vernünftiger Abstand gewahrt. Der Besucher wird durch das Wasser gebremst, die Tiere entscheiden wie weit sie sich den Menschen näheren.

Blick über das Wattenmeer
Es lohnt sich sofort mit dem ablaufenden Wasser die Tour zu beginnen. Die Zeitspanne, in der man direkt vor Ort am Riff Galgerevet fotografieren kann, ist kürzer als man denkt.

Kegelrobben sind die Größten

Die Kegelrobbe ist die zweite an der Nordseeküste weit verbreitete Robbenart und das größte in Deutschland frei lebende Raubtier. Sie können bis zu 300 kg schwer und 2,5 Meter groß werden. Seehunde dagegen wiegen in der Regel nur zwischen 100 und 150 kg, bei einer Körperlänge von bis zu 170 cm. Dafür erreichen Seehunde in freier Wildbahn mit bis zu 30 Jahren ein etwas höheres Lebensalter.

Kegelrobben (Halichoerus grypus)
Kegelrobben (Halichoerus grypus): und wieder ist die Gesichtsform namensgebend

Safety first

Auf eigene Faust sich im Wattenmeer zu bewegen kann schnell gefährlich werden. Es ist sinnvoll ein paar grundsätzliche Regeln einzuhalten.

Ein guter Orientierungspunkt: Das weithin sichtbare alte Seezeichen von Sønderho
  • Gezeitenkalender lesen – er enthält die taggenaue Information, zu welchem Zeitpunkt der Höhepunkt von Hoch- und Niedrigwasser ist. Achtung, die Gezeiten verschieben sich täglich um etwa 50 Minuten.
  • Wettervorhersage beachten – nur bei stabiler und vorhersehbarer Wetterlage ist eine Wanderung durchs Watt ratsam. Trotzdem sind plötzlich auftretende Seenebel, die einem die Sicht und Orientierung nehmen, keine Seltenheit.
  • Karte & Kompass – zur Navigation – ein bisschen oldschool, aber sehr sinnvoll. Moderner ist ein Smartphone mit einer speziellen App zur Outdoor-Navigation mit der Möglichkeit, eine zurückgelegte Wegstrecke aufzuzeichnen und grafisch darzustellen. Meine App kommt aus der Schweiz, heißt „Map out“ und verwendet die super-detaillierten Karten des „Open Street Map“ Projekts.
  • Neuland – wer sich das erste Mal ins Watt hinein wagt, sollte sich der Einfachheit halber einer geführten Tour anschließen. Man lernt dabei alles was man so braucht…

Augen auf: auch andere Wesen nutzten das Niedrigwasser im Watt

Zusätzliche Ausrüstung

Neben dem Smartphone habe ich noch einen Quadratmeter Plane als Unterlage zum Abstellen der Kameraausrüstung mitgenommen. Ich will damit vermeiden, dass das Equipment mit dem salzigen Boden in Kontakt kommt. Es empfiehlt sich eine Flasche Süßwasser und ein kleines Handtuch zum Reinigen der Hände mitzunehmen. Kameras und Objektive reagieren sehr empfindlich auf Salz, dass gegebenenfalls an den Fingern haftet.


Alle Aufnahmen entstanden in nur drei Tagen im Sommer 2020. Verwendet habe ich eine Nikon D7500, ein 500 mm Objektiv, einen 1,4x Konverter und ein solides Dreibeinstativ.

schwimmender Seehund
Warum heißt der Seehund wohl Seehund…?

Noch ein Hinweis in eigener Sache: Wer sein Kamerastativ mit ins Wattenmeer nimmt, sollte in Betracht ziehen, dass die Stativbeine mit Salzwasser in Kontakt kommen. Ich empfehle dringend, die Beine nach Gebrauch mit Süßwasser abzuspülen und das Stativ dann mit weit geöffneten Klemmen und Verschlüssen an der Luft trocknen zu lassen.

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