Moorochse oder große Rohrdommel ?
„Dr. Watson und Mr. Stapleton hören aus dem Moor einen unerklärlichen Schrei! Da der Naturforscher Stapleton nicht an Geisterhunde und ähnliche Gestalten glaubte, meinte er eine Rohrdommel erkannt zu haben….“
Legendär ist der Balzruf
Der Autor Sir Arthur Conan Doyle ließ sich vom ungewöhnlich dumpfen und dröhnenden Balzruf der männlichen Rohrdommel zu einer Szene in seinem Sherlock-Holmes-Roman „Der Hund von Baskerville“ inspirieren. Dieser Ruf, der im Frühjahr über kilometerweite Entfernungen zu hören ist, hat dem etwa 80 cm großen Vogel aus der Reiher-Familie volkstümliche Namen wie Moorochse, Wasserochse, Riedochse oder Mooskuh eingebracht. Dieser schaurige, hallende Ruf wird in Legenden oft damit in Verbindung gebracht, dass er Menschen nachts ins Moor gelockt hat, wo sie dann in Schwierigkeiten gerieten oder nie wieder zurückkehrten. Wenn man den Balzruf zum ersten Mal hört, erinnert er an das Blasen über den Hals einer leeren Weinflasche. Nur wenn man sich in unmittelbarer Nähe zu einem solchen Vogel befindet, hört man den einatmenden Anfangston „Uh-Hump“.
Perfektes Tarnkleid, farbenprächtige Stirn
Ein faszinierendes Verhalten der Rohrdommel ist ihr „Versteckspiel“. Wenn sie sich bedroht fühlt, nimmt sie die sogenannte „Pfahlstellung“ ein. Dabei verschmilzt sie förmlich mit ihrem Umfeld im Röhricht. Von den dünnen Beinen über den längs gestreiften Körper bis hin zum akkurat nach oben gestreckten Schnabel wird die Rohrdommel eins mit ihrer Umgebung. Die perfekte Anpassung ihres Gefieders an ihren Lebensraum macht sie für den durchschnittlichen Beobachter nahezu unsichtbar. Zusätzlich dazu imitiert sie durch leichtes hin- und herwiegen sogar den Wind, der das Schilf bewegt.
Dieses Verhalten steht im scharfen Kontrast zum leuchtend blauen Kopf des Vogels, der Teil seines Balzverhaltens ist. Ein bisschen auffallen ist für die Partnersuche wichtig, und dieser auffällige blaue Kopf dient dazu, die Aufmerksamkeit potenzieller Partner anzuziehen. Die Rohrdommel ist somit ein Meister der Tarnung und des Balzverhaltens in ihrer natürlichen Umgebung.
Rohrdommeln verbringen den Großteil des Tages damit, im seichten Wasser im Schilf auf die Jagd zu gehen; ein Vorgang, der aus ganz viel Stillstehen und dann im richtigen Augenblick Zuschnappen besteht. Hauptsächlich kleine Fische, aber auch andere Kleintiere werden so erbeutet. Diese Art der Nahrungssuche bindet den schwarz-braun gestreiften Vogel an einen bestimmten Lebensraum: Flachwasserzonen mit dichten Schilfzonen und gutem Fischbestand. Nur an Gewässern, die im Winter nicht zufrieren, kann die Rohrdommel in Deutschland sogar als Standvogel im Brutgebiet verbleiben. Ansonsten zieht sie in wärmere Gebiete mit offenen Gewässern (Teilzieher). Das Überwinterungsgebiet liegt ansonsten im Mittelmeerraum.
Rohrdommeln benötigen viel Platz für ihre Lebensräume. Ihre Reviere erstrecken sich normalerweise über 8 bis 50 Hektar. Es ist entscheidend, dass diese Gebiete ausgedehnte Röhrichtflächen von mindestens 1 bis 2 Hektar aufweisen. Der ideale Lebensraum ist gut strukturiert, das heißt, er besteht aus kleinen offenen Wasserflächen, die nicht zu dicht beieinander liegen. Das Wasser sollte nicht zu tief sein, idealerweise etwa 50 cm. Zu trockene und sehr dichte Röhrichte werden weitgehend gemieden. Darüber hinaus ist ausreichend altes Schilf notwendig, das den Rohrdommeln schon im Frühjahr genügend Deckung bietet.
Die Art der Rohrdommel ist aufgrund des Verlusts ihres Lebensraums, insbesondere der Zerstörung von Schilfbeständen und der Entwässerung, stark gefährdet. An vielen Gewässern haben Freizeitaktivitäten ebenfalls katastrophale Auswirkungen auf den Bestand, da Rohrdommeln äußerst empfindlich auf Störungen reagieren. Daher ist der Schutz und die Erhaltung ihrer Lebensräume von entscheidender Bedeutung, um das Überleben dieser faszinierenden Vögel zu sichern.