Island
Der isländische Sommer ist wie ein Kühlschrank, den man sechs Wochen offen lässt. Das Licht ist die ganze Zeit an und das Gefrierfach taut langsam auf, aber richtig warm wird es nie.“
Diese Aussage begegnete uns in vielen Varianten. Unterschiedliche Autoren haben den Gedanken immer wieder aufgegriffen. Wir entdeckten sie in der „Gebrauchsanweisung für Island“ von Kristof Magnússon, einer humoristisch-autobiografischen Beschreibung seiner Heimat.
Der Westen
Island haben wir für uns im Juni 2017 entdeckt. Im Gegensatz zu den meisten Touristen verzichteten wir auf die „große Inselrundfahrt“ entlang der Küstenstraße. Unser Ziel waren die drei markanten Halbinseln im Westen.
Auch so sind innerhalb von 14 Tagen mehr als 2.500km, meist auf wilden Schotterpisten, zusammengekommen. Und dies, obwohl die Fährverbindung zwischen Stykkisholmur und Brjanslaekur eine willkommene Abkürzung darstellt. Gleichzeitig ermöglicht die Passage einen Aufenthalt auf der wunderbaren Insel Flatey.
Um so weiter man in den Nord-Westen kommt, desto geringer werden die Auswirkungen des Tourismus spürbar. Dafür wird die Landschaft immer ursprünglicher und unberührter.
Für die von uns gewählte Route ist ein 4×4 Fahrzeug nicht zwingend erforderlich. Wir haben uns dennoch dafür entschieden, um nicht vor jedem Hindernis übervorsichtig überlegen zu müssen.
Auf die Reise vorbereitet haben wir uns mit Hilfe des großen digitalen Wissensspeicher*, die Reiseführer von Iwanowski und aus dem Michael Müller Verlag.
Ergänzt um die bereits erwähnte „Gebrauchsanweisung“ und einer aktuellen Straßenkarte im Maßstab 1:400.000.
Besonders hilfreich waren das alllround-Portal Visit Iceland. Für alle Individualreisenden mit einem eigenen KFZ empfiehlt sich www.road.is mit aktuellen Hinweisen zur Befahrbarkeit abgelegener Straßen und Wege.
Reykjanesskagi
Die Halbinsel Reykjanesskagi, südwestlich der Hauptstadt Reykjavík vorgelagert, kennen die meisten Islandreisenden nur vom Ankunfts- oder Abflugtag. Hier befindet sich der internationale Flughafen Keflavík. Kaum einer macht sich die Mühe die Gegend näher zu erkunden.
Der Name bedeutet „Reykjanes-Halbinsel“, wobei „Reykjanes“ – „Rauchspitze“ oder „Rauchhalbinsel“ heißt. Heutzutage wird der Name meist nur noch für die äußerste Südwestspitze – ein Hochtemperaturfeld, dass sie Hauptstadt mit geothermischer Energie versorgt – verwendet.
Nirgendwo lässt sich der vulkanische Ursprung Islands besser erkennen als hier im Südwesten. Wer die Küstenstraße entlang fährt, wird feststellen, dass es überall raucht, dampft oder sich gelbe Schwefelablagerungen gebildet haben.
Spannend ist auch die Geschichte rund um das Fabelwesen „Guðrún Önundardóttir“. Dieses Gespenst soll Jahrhunderte lang auf Reykjanesskagi sein Unwesen getrieben haben. Schließlich gelang es dem Pfarrer Eiríkur Magnússon den Geist in einer heißen Quelle zu bannen, die daraufhin den Namen „Gunna“ erhielt. Für Isländer eine durchaus einleuchtende Geschichte. Laut Reuters glauben 10 Prozent der Einwohner an übernatürliche Wesen.
Snæfellsnes
Snæfellsnes trennt die Bucht von Faxaflói und dem Fjord Breiðafjörður. An der Spitze befindet sich der 1446 m hohe vergletscherte Stratovulkan Snæfellsjökull. In Jules Vernes Phantasie beginnt „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ auf dem Snæfellsjökull – der Einstieg zu den sagenhaften Welten des Erdinneren. Umgeben ist der Vulkan vom Snæfellsjökull-Nationalpark, der kleinste der vier Nationalparks des Landes.Auf der Halbinsel ist die vulkanische Aktivität erst vor ca 2.000 Jahren zur Ruhe gekommen. Geografisch gesehen ist Snæfellsnes also extrem jung und steckt noch in den Kinderschuhen.
Eigentlich findet man hier alle Landschaftsformen, die auch im restlichen Island anzutreffen sind. Die Südseite ist geprägt durch weite Lavafelder und einen landwirtschaftlich genutzten Grüngürtel. Die Küste besteht wechselnd aus langgezogenen Stränden und Steilküsten aus massiven Basaltformationen.
Der Norden der Halbinsel ähnelt dagegen eher der Südostküste Islands und den der Westfjorde. Der „Tröllatindar“ ist mit 930m der höchste Punkt des in Ost-West-Richtung verlaufenden zentralen Gebirgszugs der Halbinsel. Selbst Klima und Wetter sind exemplarisch für Island. Gemässigte und extreme Zonen liegen nur wenige Kilometer von einander entfernt. Der Wechsel ist kontinuierlich. Die Region ist durchzogen von zahlreichen Reit- und Wanderwegen. Lohnenswert ist der schwarze Strand von Djúpalónssandurd. Man erhält eine völlig neue Perspektive auf die Halbinsel. Eine weitere Besonderheit ist die Robben- und Eiderentenkolonie in der Nähe von Ytri Garðar.
Flatey- die flache Insel
Ihre Lage, in der Mitte des Fjords Breiðafjörður, ist für die Menschen bereits zum Zeitpunkt der Landnahme Islands stark anziehend gewesen. Die Besiedelungsgeschichte begann als ein gewisser „Þrándur mjóbeinn“ die Inseln westlich des Bjarnareyjarflói in seinen Besitz nahm. Seit dieser Zeit ist Flatey kontinuierlich bewohnt, über Jahre hinweg ein wichtiger Handelsplatz, der ab 1777 urkundlich belegt ist.
Noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts lebten zahlreiche Menschen auf Flatey. Heute besitzt die Insel nur eine einzige Straße, die vom neuen Hafen aus zum sogenannten „alten Dorf“ führt, dass aus einigen restaurierten Häusern aus dem 19. Jahrhunderts besteht. Die meisten Häuser sind aber nur in der Sommerzeit bewohnt. Im Winter wohnen dort nur fünf Personen. Die Insel Flatey ist ideal für Reisende, die besonders abgelegene Orte suchen. Bemerkenswert ist das verhältnismäßig milde Klima während der Sommermonate – obwohl vom Nordatlantik umgeben – zeigte sich das Wetter von seiner schönsten Seite. Ein fast schon meditativer Aufenthalt der zum Verweilen und Geniessen auffordert.
Der Küstenstrich oberhalb des Dorfes ist ausschließlich den Seevögeln vorbehalten. Das Betreten einzelner Abschnitte ist während der Brutsaison zum Schutz der Tiere untersagt. Ein Zeichen dafür, dass auch auf Island die Natur nicht mehr ohne jeden Schutz auskommt.
Westfjorde – Vestfirðir
„Die Menschen verließen die Fjorde im Westen, weil es ihnen vor der gewaltigen Landschaft jener Gegenden graust.“
Schrieb der isländische Literaturnobelpreisträger Halldór Laxness als er sich seine Gedanken über die Entwicklung der Westfjorde machte. Obwohl in Island die Bevölkerung sich in den letzten 70 Jahren mehr als verdoppelt hat, verringerte sich die Anzahl der Bewohner im äußersten Nordwesten um mehr als 50%.
Die Westfjorde sind eine einsame Gegend, in der ein Reisender Island in seiner ursprünglichen Form kennenlernt. Das Land ist stark verzweigt, die Fjorde extrem tief eingeschnitten. Vielfältig sind die Sagen und Erzählungen, die in dieser Region ihren Ursprung haben. In der Isolation der Westfjorde früherer Jahrhunderte waren Aber- und Naturglaube an verborgene Wesen und Kräfte fester Bestandteil. Fast alle Sagen entstanden vor dem 14. Jahrhundert. Die aufziehende Fremdherrschaft zerstörte die kulturellen Voraussetzungen.
Das Klima ist rauer als im Landesdurchschnitt, die Böden sind für den Ackerbau eher ungeeignet, der Tourismus noch nicht besonders ausgeprägt. Mit dem Niedergang der Fischerei verlor die Region ihre wirtschaftliche Grundlage. Ísafjörður ist mit etwas mehr als 3.600 Einwohnern die größte Siedlung auf den Westfjorden und somit das Zentrum der Region.
Unbestritten sind die Naturschönheiten. Látrabjarg ist der Prototyp eines Vogelfelsens. 14km lang und bis zu 440m hoch. Millionen von Seevögeln brüten und leben hier. Gleichzeitig ist er der westlichste Punkt Islands. Dynjandi der dröhende Wasserfall – in Kaskaden fallen bis zu 8 m³/s Wasser ca. 100 m in die Tiefe. Der „Dröhnende“ ist ein aufgefächerter Wasserfall – hat er oben eine Breite von 30 m, erreicht er unten hingegen ca. 60 m.
Steingrímsfjörður
Die Küste rund um das kleine Fischerdorf Drangsnes am Fjord „Steingrímsfjörður“ ist bekannt für seine große Ansammlungen des „weißen Goldes“. Fichtenstämmen, die nach ca. vierjähriger Reise durch das Nordmeer von Sibirien kommend, angespült wurden. Die lange Verweildauer im Salzwasser haben die Stämme gehärtet und auf natürliche Weise imprägniert.Auf Island ist Treibholz das einzig nennenswerte Vorkommen an Holz als Rohstoff und dementsprechend begehrt und kostspielig.
Der Steingrímsfjörður gehört zu den engsten und tiefsten Fjorden Islands. Die starke Strömung treibt riesige Mengen Krill und kleine Krebse zusammen. Ein optimales Jagdrevier für Mink- und Buckelwale! Mit etwas Glück kann man die riesigen Tiere direkt vom Ufer aus bei der Nahrungssuche beobachten. Man muss sich lediglich eine leicht erhöhte Position suchen, eine Portion Geduld und ein Fernglas mitbringen. Der „Blas“, das ausgestoßene Wasser aus den Lungen der aufgetauchten Wale, ist kilometerweit zu sehen.
Ab „Hólmavík“ dem Hauptort am Fjord, werden Ausfahrten zur Walbeobachtung angeboten. Paradoxerweise diente das Boot ursprünglich der gnadenlosen Jagd auf die Meeressäuger. In den letzten Jahren hat der Umgang mit den Tieren einen Wandel erfahren. Die wirtschaftliche Bedeutung des „Whalwatching“ ist zwischenzeitlich deutlich höher, als die der industriellen Jagd. Eine Entwicklung, die mit dem sich verändernden Image Islands einhergeht.
Und was gibt’s zu sehen? Bilder – Bilder – Bilder!
Famose Landschaften, Seevögel; Wasserfälle